Handelsgericht Wien
43 Cg 22/22s
IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Handelsgericht Wien erkennt durch den Richter Mag. Christian Mosser, LL.M., in der Rechtssache der klagenden Partei ASFINAG –Autobahnen- und Schnellstraßen- Finanzierungs- Aktiengesellschaft, FN 92191a, 1030 Wien, Austro Tower, Schnirchgasse 17, vertreten durch Geistwert Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Regit GmbH (HRB 13826, Amtsgericht Regensburg) und 2.) Christopher Thaus, beide D-93049 Regensburg, Heinkelstraße 1, beide vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen Unterlassung (zuletzt EUR 142.500,--) und Veröffentlichung (EUR 60.200,--) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:
Den beklagten Parteien wird es ab sofort mit Wirkung für Österreich geboten, es zu unterlassen, Digitale Vignetten (DiVi) und/ oder Digitale Streckenmaut für Autobahnen in Österreich („Digitale Mautprodukte“ der ASFINAG) 1. ohne klare, eindeutige und bei jeder Preisangabe vorhandene, getrennte Ausweisung vom ASFINAG-Mauttarif einerseits und von Aufschlägen, insbesondere „Serviceentgelten“, andererseits, gewerbsmäßig anzubieten bzw zu vertreiben, insbesondere – aber nicht einschränkend – im Webshop der erstbeklagten Partei unter www.mautpilot.de bzw www.mautpilot.at; und/oder
2. zu beziehen, um diese entgegen vertraglichen Veräußerungsbeschränkungen gewerbsmäßig anzubieten bzw zu vertreiben, insbesondere wenn deren Gültigkeitsbeginn für Verbraucher 18 Tage oder mehr nach dem Bezugszeitpunkt liegt, insbesondere – aber nicht einschränkend – im Webshop der erstbeklagten Partei unter www.mautpilot.de bzw www.mautpilot.at; und/oder
3. gewerbsmäßig anzubieten bzw zu vertreiben, wenn die Verbraucher nicht transparent und gesetzmäßig über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht bzw. Widerrufsrecht informiert werden bzw. dass sie von Verbrauchern nicht-gesetzmäßige Erklärungen abverlangen, nämlich dadurch, dass
a) der Eindruck erweckt wird, dass das gesetzliche Rücktrittsrecht erlöschen würde, sobald die beklagten Parteien „ihre Vermittlungstätigkeit“ beim Bezug der digitalen Mautprodukte der ASFINAG vollständig erbracht hätten, wie insbesondere durch die Angabe bzw Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen: „Das Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn wir die Dienstleistung vollständig erbracht haben und wir mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen haben, nachdem Sie dazu Ihre ausdrückliche Zustimmung gegeben haben und gleichzeitig Ihre Kenntnis davon bestätigt haben, dass Sie Ihr Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch uns verlieren“; und/oder
b) nicht transparent darauf hingewiesen wird, dass die „vollständige Vertragserfüllung“, die zum gesetzlichen Verlust des Rücktrittsrechts bzw. Widerrufsrechts – nach entsprechender Erklärung des Verbrauchers gemäß § 10 FAGG – führt, (auch) die Dauerleistung der ASFINAG, nämlich die Bereitstellung der vom Bezieher benützbaren Straßen, umfasst, somit erst nach Ablauf der Laufzeit des Digitalen Mautprodukts erfolgt.
5. Die beklagten Parteien sind verpflichtet, den Kopf (Gericht samt Wappen, Geschäftszahl, „IM NAMEN DER REPUBLIK“) und die Gerichtsfertigung samt Ort und Datum, Punkt 1., 2., 3. und diesen Punkt 5. auf Kosten der beklagten Parteien, auf der Startseite der Website www.mautpilot.de, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft und für die ununterbrochene Dauer von drei Monaten auf jeweils der Hälfte der Oberfläche mit Fettdruck-Überschrift, Fettdruck-Umrandung und den Lauftext in normaler Laufschrift, in zumindest 12pt Größe mit gesperrt- und fettgedruckten Parteien und Parteienvertretern in der Art zu veröffentlichen, dass auf einem Bildschirm bei Auflösung 1280x720 bei 100 % in üblichen Browsern der gesamte Text ohne Scrollen sichtbar ist.

Handelsgericht Wien, Abteilung 43
Wien, am 28. September 2024